|
Erst klein und nackt, jetzt klein und robust: BMW baut sein Motorradportfolio konsequent nach unten aus. Nach der Einsteiger-Roadster G 310 R geht jetzt die G 310 GS an den Start. Die Lightversion der Bestsellerbaureihe, sozusagen: zarte 170 Kilogramm schwer, übersichtlich motorisiert (34 PS, 28 Nm) und mit 5800 Euro plus Nebenkosten für BMW-Verhältnisse ein echtes Schnäppchen . Nur das Roadster-Brüderchen gibt es noch etwas günstiger (ab 4950 Euro).
Mittwoch, 18. Oktober 2017 10:12
|
Die in Indien gefertigten Ein-Zylinder-Geschwister sollen für die Marke neue Märkte und Kunden erobern. Und so weltweit die Absatzzahlen der Münchener Zweiradfraktion in die Höhe treiben. 200.000 verkaufte BMW-Maschinen im Jahr 2020 lautet das erklärte Ziel. Im vergangenen Jahr waren es 145 000. Damit markiert 2016 den sechsten Absatzrekord in Folge und ein Plus von 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Der Masterplan scheint also aufzugehen. In Deutschland beispielsweise fährt BMW als einer der ganz wenigen Hersteller gegen den Abwärtstrend: Plus 6,5 Prozent lautet die Verkaufsbilanz nach den ersten neun Monaten. Mit 23 289 Neuzulassungen liegt der Marktführer einsam an der Spitze. Das für BMW relevante Segment der Krafträder gab in den ersten drei Quartalen um 7,7 Prozent nach. Einzig die Segmente „Klassik“ (+11,4 Prozent) und „Luxustourer“ (+7,6 %) konnten zulegen. Beides sind traditionell Domänen der Bayern. Einsteiger-Bikes unter 500 ccm dürfte das nächste werden.
Die erste Testfahrt mit der kleinen GS im Hinterland von Barcelona zeigt: Die hochbeinige 310er bietet im Grunde all das, was ihre ausgewachsenen, hubraum- und PS-stärkeren Geschwister F 700 GS (75 PS, ab 9080 Euro), F 800 GS (85 PS, ab 11 280 Euro) und R 1200 GS (125 PS, ab 15 300 Euro) ausmacht und auszeichnet. Sie ist tourentauglich. Sie macht optisch was her. Und: Sie ist ein echter Spaßgarant. Obendrein kommt sie – wie es sich für eine GS gehört – problemlos mit Schotter und Buckelpisten klar. Auch wenn ihr natürlich die Unaufhaltsamkeit der großen R 1200 GS abgeht. Wie auch, bei dem Leistungs-Gap?
„Unbeschwerter Fahrspaß bei hoher Vielseitigkeit“ ist das Motto. Der flüssigkeitsgekühlte Einzylinder ist bereits aus der G 310 R bekannt: 313 Kubik, vier Ventile, zwei obenliegende Nockenwellen. Eine Ausgleichswelle dämpft die Vibrationen. Den Zylinderkopf des nach hinten geneigten Zylinders haben die G-310-Schöpfer um 180 Grad gedreht. Der Einlasstrakt befindet sich also in Fahrtrichtung vorn, der Auslass hinten. „Diese Konfiguration folgt der Logik einer geraden und leistungsfördernden Verbrennungsluftführung – und hat positive Konsequenzen für die Architektur des Fahrzeugs“, erklärt Andreas Wimmer, der Projektleiter der BMW G 310 GS.
Tiefer und in Richtung Vorderrad verschobener Fahrzeugschwerpunkt, kurzer Radstand, lange Schwinge: Die kleine GS wuselt munter über Asphalt und leichtes Offroad-Geläuf. Betont sanfte Lastwechselreaktionen, klare Rückmeldung vom Vorderrad, spielerisches Handling. Die 28 Newtonmeter bei 7500 Touren machen auf dem Datenblatt weniger her als im Sattel. Klar, ab circa 110 km/h wird es etwas zäh. 34 PS bei 9500 Umdrehungen verlangen nach Freude am Schalten und unempfindlichen Ohren. Aber hier geht es um ein Einsteiger- und Wiedereinsteigermotorrad. Ein Motorrad, das auf seinen Kernmärkten Brasilien, Asien, Indien alle 150er- und 250er-Standard-Bikes pulverisiert. Insoweit: alles fein in puncto Power. Zumal man schnell in die 310-typische Form der Leistungsentfaltung reinwächst. Und echt mit Spaß dabei ist.
Durch die hohe, aufrechte Sitzposition und die längeren Federwege (180 mm) wirkt die Gelände/Straße-Version (GS) einen Tick weniger agil als die Roadster-Variante. Aber dafür sitzt man entspannter. Und auch auf langen Strecken ermüdungsfrei. Eine Tour quer durch Europa sollte man sich allerdings gut überlegen: Für wirklich lange Etappen und Autobahnpassagen ist der Einzylinder auf Dauer zu hochtourig unterwegs. Wer es darauf anlegt, kann 143 km/h Spitze aus der BMW G 310 GS kitzeln. Wann es Zeit für einen Tankstopp ist, verrät die Restreichweite-Anzeige im digitalen Kombi-Instrument. Gut 300 Kilometer lässt der 11-Liter-Tank problemlos zu.
Elektronische Spielereien wie Fahrmodi und einstellbare Regelsysteme gibt es in dieser Preis- und Leistungsklasse logischerweise nicht. Das 2-Kanal-ABS lässt sich über eine Taste am Lenker (im Gegensatz zur G 310 R) ausschalten. Das erhöht den Spaß in leichtem Gelände ungemein. Die Metzeler-Enduro-Reifen kommen mit Asphalt und Schotter gleichermaßen zurecht. Drei Farbvarianten hat BMW Motorrad für die kleinste GS aufgelegt: Racingred uni, Cosmic Black uni und Pearl White metallic. Der Rahmen und das vordere Schutzblech sind immer schwarz lackiert, der Tank ist immer mattgrau. Einzig die stilprägenden Kunststofflayer – die typische GS-Nase und der hoch aufragende Oberbau des Tanks – bestimmen das Design.
Das Zubehörangebot hat BMW übersichtlich gehalten: LED-Blinker, Griffheizung, flachere (820 mm) bzw. höhere Sitzbank (850 mm), 12-V-Buchse, Smartphone- und Navi-Halterung, dazu Topcase und Tankrucksack. Die charakteristischen Alu-Seitenkoffer bleiben den größeren GS-Modellen vorbehalten. Gleiches gilt für größere, verstellbare Windschilder. Beides braucht die Zielgruppe nicht, meinen die BMW-Mannen. (ampnet/rb)
Daten BMW G 310 GS
Motor: 1-Zylinder, Viertakt, 313 ccm, flüssigkeitsgekühlt
Leistung: 25 kW / 34 PS bei 9500 U/min
Max. Drehmoment: 28 Nm bei 7500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 143 km/h
Beschleunigung 0 - 100 km/h: ca. 7 Sek.
Getriebe: sechs Gänge
Antrieb: Kette
Tankinhalt: 11 Liter
Sitzhöhe: 835 mm
Gewicht: 169,5 kg (fahrbereit)
Normverbrauch: 3,3 l/100 km
CO2-Emissionen: 77 g/km
Bereifung: 110/80 R 19 (vorne), 150/70 R 17 (hinten)
Preis: 6190 Euro