|
Recht & Urteile
Mittwoch, 16. September 2015 10:38
|
Ratgeber: Knöllchen aus dem Ausland nicht ignorieren
09. September 2015 - Knöllchen für Verkehrssünden wie falsches Parken oder zu schnelles Fahren sind ungeliebte Mitbringsel aus dem Urlaubsland. Der ADAC empfiehlt, diese Bußgeldbescheide nicht zu ignorieren, auf Plausibilität zu prüfen und danach zügig zu bezahlen. Seit dem Jahr 2010 können Strafen aus EU-Staaten auch in Deutschland vollstreckt werden. Bei fehlerhaften Bußgeldbescheiden oder Missverständnissen rät der Automobilclub, juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Vollstreckt werden Strafen aus dem EU-Ausland ab einer Bagatellgrenze von 70 Euro. Diese Grenze gilt für das Bußgeld zuzüglich der anfallenden Verwaltungskosten, so dass auch Strafen deutlich unter 70 Euro geahndet werden können. Damit kann auch ein Bußgeld von 35 Euro, das mit einer Verwaltungsgebühr von 35 Euro „aufgeblasen“ wird, in Deutschland ebenfalls zur Vollstreckung kommen. Ein im Ausland fälliges Fahrverbot ist ausschließlich im jeweiligen Land durchsetzbar. Auch Punkte in Flensburg gibt es für Verkehrsverstöße im Ausland nicht.
Die EU-Staaten sind unterschiedlich konsequent, wenn es um die Vollstreckung der Bußgelder geht. Während zum Beispiel die Niederlande Bußgelder grundsätzlich in Deutschland durch das zuständige Bundesamt für Justiz eintreiben lassen, haben Griechenland, Italien und Irland den entsprechenden „EU-Rahmenbeschluss zur Geldsanktionenvollstreckung“ noch nicht umgesetzt. Eine Vollstreckung von Bußgeldern aus diesen Ländern findet daher noch nicht statt.
Reisende, die Bußgeldbescheide aus dem Ausland offen haben, droht beim nächsten Urlaub im selben Land möglicherweise eine böse Überraschung. Rechtskräftige Bußen bleiben weiterhin vollstreckbar und verjähren in Italien zum Beispiel erst nach fünf Jahren, in Spanien nach vier Jahren. Zu einer späteren Vollstreckung im Ausland kann es beispielsweise kommen, wenn Urlauber bei einer Verkehrskontrolle überprüft werden. Auch bei der Passkontrolle am Flughafen des Ziellandes fallen säumige Zahler häufig auf.
Grundsätzlich skeptisch sollten Autofahrer gegenüber Forderungen von Inkassobüros sein. Diese Unternehmen verweisen in ihren Schreiben zwar häufig auf den EU-Rahmenbeschluss, der für sie jedoch nicht gültig ist. Dass die Behörden im Ausland selbst Bußgelder von Urlaubern an Ort und Stelle eintreiben oder Sicherheitsleistungen verlangen, ist hingegen rechtlich möglich.
Bei fehlerhaften oder offenkundig zu hohen Bußgeldbescheiden rät der ADAC, unverzüglich Einspruch einzulegen und juristischen Beistand zu suchen. Das gilt beispielsweise für saftige Forderungen für Parkverstöße in Kroatien, die in diesem Sommer von einem Notar in Pula verschickt werden. Bei ausstehenden Parkgebühren von 10 bis 40 Euro sind Urlauber angeblich bis zu 350 Euro unter anderem für Rechtsverfolgungskosten schuldig. Urlaubern, die nicht unverzüglich reagieren und Einspruch einlegen, droht eine Vollstreckung.
Bei der Höhe der Bußgelder liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld. Viele Verkehrsverstöße im Ausland werden teils deutlich härter bestraft als hierzulande.
Bei zügiger Bezahlung der Geldbuße gewähren viele Länder teils stattliche Rabatte. Je nach Land und der Art des Verkehrsverstoßes sind bis zu 50 Prozent Nachlass möglich, falls innerhalb bestimmter Fristen bezahlt wird. Besonders großzügige Rabatte gewähren Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien, Slowenien und Spanien. (ampnet/nic)
Urteil: Fahrerlaubnisentzug bei verweigerter MPU
01. Juli 2015 - Wer die medizinisch-psychologische Untersuchung verweigert, nachdem derjenige nicht zum ersten Mal mit Alkohol am Steuer erwischt wurde, dem darf die Fahrerlaubnis schließlich entzogen werden, entschied das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (Az. 1 L 442/15.NW).
Wie die Deutsche Anwaltshotline berichtet, hatte ein Mann seine Fahrerlaubnis wegen eines Alkoholdelikts verloren. In der medizinisch psychologischen Untersuchung (MPU) gab der er an, zukünftig nur noch kontrolliert und zu konkreten Anlässen zu trinken. Daraufhin bekam er den Führerschein wieder zurück. Drei Jahre später allerdings griff die Polizei den Mann betrunken auf, als er mit 1,79 Promille orientierungslos und schwankend auf einer Autobahn lief. Die zuständige Behörde schickte ihn daraufhin erneut zu einer MPU. Als der Mann sich weigerte, entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis. Durch seinen jüngeren Aussetzer seien erneut Zweifel an seiner Fahreignung entstanden. Auch wenn er aus einem konkreten Anlass heraus so betrunken gewesen sein sollte, spreche der Promillewert und die Situation auf der Autobahn gegen kontrollierten Alkoholgenuss. An der MPU kommt der Mann also nicht vorbei, wenn er seinen Führerschein retten will, so das Verwaltungsgericht. (ampnet/nic)
Urteil: MPU auch bei Führerschein aus anderem EU-Land
23. April 2015 - Mit Fragen rund um die Fahrerlaubnis muss sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg häufig auseinandersetzen, wobei der Zankapfel oft aus der medizinisch-psychologischen Untersuchung besteht, der im allgemeinen Sprachgebrauch als „Idiotentest“ bezeichneten MPU. Zuletzt war das der Fall am 1. März 2012. Heute gab es ein weiteres Urteil.
Damals machte der EuGH dem Führerschein-Tourismus die Tür einen Spalt breit auf. Zwar entschied er, dass eine gültige Fahrerlaubnis, die in einem europäischen Land erteilt wurde, in allen Ländern der EU Bestand habe – bis dahin waren sogenannte EU-Führerscheine, also Führerscheine, die im Ausland erworben wurden, in Deutschland nicht gültig. Aber: Eine Sperrfrist in Deutschland muss abgelaufen und der Antragsteller oder die Antragstellerin mindestens 185 Tage im betreffenden Staat gemeldet sein. So war es möglich geworden, den Führerschein im Ausland zu bekommen. Deutschland musste ihn selbst dann anerkennen, wenn als Voraussetzung für die Neu- oder Wiedererteilung eine MPU war.
Nun stand wieder eine höchstrichterliche Entscheidung zur Fahrerlaubnis an, diesmal zum Streit zwischen einer Autofahrerin aus dem österreichischen Bundesland Vorarlberg und dem Land Baden-Württemberg. In Leutkirch im Allgäu war die Dame in eine Polizeikontrolle geraten. Alkohol war in ihrem Blut nicht feststellbar, wohl aber Spuren von Cannabis. Wegen Fahrens unter Drogeneinfluss wurde die Österreicherin zu 700 Euro Geldstrafe und einem einmonatigen Fahrverbot verdonnert. Damit erklärte sie sich einverstanden, nicht aber mit der später durch das Landratsamt Wangen angeordneten MPU, als sie wieder legal in Deutschland ein Auto bewegen wollte, denn österreichische Behörden hatten für die Untersuchung keine Notwendigkeit gesehen.
Die deutschen Behörden hingegen waren der Auffassung, dass die Frau nicht in der Lage sei, „das Fahren und den Konsum berauschender Mittel voneinander zu trennen, und dass sie daher zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei“, nahm der Europäische Gerichtshof zu Protokoll.
Im heute ergangenen Urteil kam die fünfte Kammer des EuGH unter dem Aktenzeichen C-260/13 zu dem für juristische Anfänger sprachlich so gut wie unverständlichen Schluss, „dass die Richtlinie über den Führerschein einen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins vorübergehend aufhält, nicht daran hindert, die Anerkennung der Gültigkeit dieses Führerscheins wegen einer Zuwiderhandlung seines Inhabers abzulehnen, die in diesem Gebiet nach Ausstellung des Führerscheins stattgefunden hat und die gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats geeignet ist, die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen herbeizuführen“. Zu Deutsch: Die Anordnung des Landratsamts in Wangen, dass die Cannabis-Konsumentin vor neuerlichem Erhalt des Führerscheins zum „Idiotentest“ geladen wurde, war durch europäische Rechtsprechung gedeckt.
Jedoch wie schon 2012 schränkte der EuGH sein Urteil durch ein dickes „Aber“ auch diesmal ein, „weil die deutschen Bestimmungen der Anerkennung des Führerscheins offenbar nicht unbegrenzt entgegenstehen". Denn die MPU-Anordnung gilt keineswegs lebenslang, sondern nur für fünf Jahre. Danach ist Schluss. Nach Ansicht des Gerichtshofs sei dieser Zeitraum „ein wirksames und zum Ziel der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr im Verhältnis stehendes Präventionsmittel“. (ampnet/hrr)
Urteil: Kennzeichen dürfen nicht verfremdet werden
21. April 2015 - Autokennzeichen dürfen nicht verfremdet werden. Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden (Az. 8 K 4792/14 und wies die Klage einer Fahrzeughalterin ab. Im vorliegenden Fall hatte die Frau auf ihrem Nummernschild das Europazeichen mit der Reichsflagge überklebt. Die Zulassungsbehörde forderte sie auf, die Aufkleber zu entfernen. Als die Frau dem nicht nachkam, untersagte ihr die Behörde, das Auto zu nutzen und forderte, die Papiere bei der Zulassungsstelle abzugeben.
Die Halterin weigerte sich nach Angaben der Deutschen Anwaltshotline weiterhin und reichte schließlich Klage ein. Ein Kennzeichen dürfe zwar nicht mit Glas, Folie oder Ähnlichem verändert werden, räumte sie ein, aber dies habe sie auch nicht getan. Der Aufkleber mit der Reichsflagge verdecke lediglich die Europasterne und trage auch das vorgeschriebene „D“. Das blaue „Eurofeld“ sei getrennt vom Nummernschild zu betrachten, meint die Klägerin.
Das Verwaltungsgericht widersprach. Das Europazeichen sei genauso vorgeschriebener Teil des Kennzeichens und dürfe daher nicht derart verändert werden. Das Fahrzeug werde den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht, daher dürfe es auch nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen, urteilten die Richter. (ampnet/nic)
Verkehrssünden im Ausland: In Skandinavien kann es teuer werden
27. März 2015 - Norwegen hat im europäischen Vergleich die höchsten Gebühren für zu schnelles Fahren (ab 420 Euro) sowie Rotlicht- und Überholverstöße (600 Euro). Teuer ist häufig auch das Telefonieren am Steuer ohne Freisprecheinrichtung: Während ein solches Vergehen in Lettland mit 15 Euro geahndet wird, sind in Italien 160 Euro, in Dänemark 200 Euro und in den Niederlanden 230 Euro fällig. Um Reisenden eine Übersicht über die Kosten von Verkehrsverstößen im Ausland zu geben, hat der ADAC die Wichtigsten in einer Tabelle zusammengestellt.
Bereits seit 2010 können Verkehrsverstöße die im EU-Ausland begangen werden in Deutschland vollstreckt, also eingetrieben werden. Um verkehrssicherheitsrelevante Verstöße wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlicht-, Überhol- und Handyverstöße effektiver und schneller verfolgen zu können, hilft der vor kurzem optimierte Halterdatenaustausch innerhalb der EU. Für Verkehrsverstöße die im Ausland begangen werden, gibt es keine Punkte in Flensburg. Auch ein von einer ausländischen Behörde ausgesprochenes Fahrverbot wirkt sich grundsätzlich nicht auf die Fahrberechtigung in Deutschland aus. (ampnet/nic)