|
Für dich zusammengefasst: Erlebe hier noch einmal die Präsentation von Weltneuheiten und das Geschehen auf der EICMA 2019 in Mailand.
Sonntag, 8. Dezember 2019 15:05
|
In einer eigenen Liga spielen die beiden in Mailand präsentierten Rocket-Modelle 3 R und 3 GT von Triumph; eingebaut ist der mit 2,5 Liter Hubraum größte Motorradmotor, der je in Serie gefertigt wurde. Maximal 167 PS bei 6.000 U/min und ein Drehmoment von 221 Nm bei nur 4.000/min bieten die Briten damit an. Anders als das Vorläufermodell Rocket III, das 2017 eingestellt wurde, verfügen die aktuellen Dreizylinder-Rockets mit dem Alu-Rahmen über ein neues elektronisches Ride-by-Wire-System, vier Fahrmodi, Traktionskontrolle, Kurven-ABS, Berganfahrhilfe, Tempomat, Griffheizung sowie ein farbiges TFT-Instrument.
Indian Motorcycles fährt in Mailand die Challenger auf, eine ernst zu nehmende Herausforderin der Dickschiffe des amerikanischen Marktführers Harley-Davidson. Die Challenger rollt mit 2,50 Meter Gesamtlänge, 360 Kilo Trockengewicht und der ausladenden Frontverkleidung wie ein stilistischer Anachronismus daher, doch in den USA sind diese Motorräder beliebt, und unter der Verkleidung ist die Indian brandmodern: Ein wassergekühlter, kurzhubiger V2-Motor mit 1.768 ccm Hubraum, 122 PS und 178 Newtonmeter, ein verwindungssteifer Alu-Rückgratrahmen und Brembo-Bremsen stehen zu Buche.
Ein weiteres Naked-Bike der Superlative aus der Ducati-Schmiede in Bologna: 208 PS bei 12.750/min leistet der 90-Grad-V4-Motor mit 1.103 ccm Hubraum in der Streetfighter V4. Das maximale Drehmoment gibt Ducati mit 123 Nm bei 11.500/min an. Die Ducati Streetfighter V4 und die V4 S - Letztere zusätzlich mit Schmiederädern, elektronisch verstellbarem Fahrwerk sowie Lenkungsdämpfer - sind trotz des grinsenden LED-Scheinwerfers erkennbar die Töchter des Superbikes Panigale V4: nur ohne Verkleidung, mit einer aufrechteren Sitzposition und einem höheren, breiteren Lenker. Die Doppeldecker-Flügelchen bringen bei maximal 270 km/h spürbar Abtrieb und sollen für Spurstabilität sorgen.
Der heimliche Star der Messe ist die Eva Ribelle. Das neue Elektro-Streetfighter-Motorrad aus dem Hause Energica, wird wie die italienischen Schwestermodelle Ego+ und EsseEsse9 im Jahr 2020 statt wie bisher mit 13,4 kWh erstmals mit einem 21,5-kWh-Batterie-Paket ausgeliefert. Diese Batteriekapazität ist die bisher größte in einem Zweirad; die LiveWire von Harley-Davidson wird z.B. mit nur 15,5 kWh angeboten. Energica verspricht mit dem neuen Energiespeicher - der aus Erfahrungen in der neuen E-Moto-Rennserie hervorgegangen sein soll - Reichweiten von 400 km innerorts, 230 km auf der Landstraße und 180 Kilometer auf der Autobahn. Die maximale Leistung liegt bei 145 PS; das Drehmoment bei 215 Nm. Geladen wird die Eva Ribelle auf 95 Prozent innerhalb einer Stunde.
Mit dem Konzept Husqvarna Norden 901 - wenn es in Produktion geht, wird es wohl frühestens 2021 im Laden sein - wagt sich die Tochterfirma von KTM-Vorstand Stefan Pierer mit einem optisch sehr ansprechenden Paket auf den schwer umkämpften Markt der Mittelklasse-Enduros. Dort buhlen bereits unter anderem BMW, Honda, Yamaha und Ducati um Kunden. Der LC8c-Zweizylinder-Reihenmotor mit 889,5 ccm und geschätzten 105 PS, ein geländegängiges 21-Zoll-Vorderrad und hochwertige WP-Federelemente sollen - so Husqvarna in Mailand - den Anforderungen sowohl von Offroadern als auch von Langstreckenfahrern gerecht werden. Angeboten werden soll auch ein umfassendes Portfolio an Gelände- und Reisezubehör.
Aprilia öffnet sich für die Mittelklasse: Bei der RS 660, die ab Sommer 2020 zu den Händlern kommen soll, wird das erfolgreiche Vierzylinder-Konzept der italienischen Piaggio-Tochter quasi halbiert. Der neue Reihenzweizylinder hat 660 ccm, leistet 100 PS und soll besonders im unteren Drehzahlbereich erheblich Drehmoment mitbringen. Der Motor arbeitet in einem fein polierten Aluminiumrahmen; die Hinterradschwinge ist aus dem gleichen Werkstoff. Brembo-Bremsen, verstellbare Gabel - die Ausstattung ist ebenso hochwertig wie die umfangreiche Bordelektronik. Die RS 660 soll unter 170 Kilogramm wiegen. Für Aprilia ist der neue Reihenmotor eine wichtige Entwicklungsplattform: Bereits in Arbeit ist ebenfalls ein Sport-Adventure-Modell mit dem gleichen Triebwerk.
BMW erweitert die XR-Sport-Adventure-Linie nach unten: Der erfolgreichen Tausender XR mit dem Reihenvierzylindermotor wird die F 900 XR mit einem Zweizylinder-Reihenmotor zur Seite gestellt. Die sehr adrette Neue bringt 895 ccm und 105 PS mit; der Motor schiebt mit einem Drehmoment von 92 Nm. Die F 900 XR soll laut BMW "mit Sportlichkeit, guter Ergonomie, entspannter Fahrhaltung und der Frontverkleidung mit verstellbarem Windschild" ideal für Touren und Reisen sein. Das gleiche Motorrad mit reduzierter Verkleidung bietet BMW als F 900 R und "Dynamic Roadster" an.
Die Freunde von Hondas Superbike mussten schmerzhaft lange warten - jetzt haben die Japaner in Mailand endlich geliefert: Die neue Fireblade erscheint 2020 unter dem neuen, nun ja, Kürzel CBR1000RR-R; sie ist ein unbändiges Kraftpaket, dessen Motor und Technik direkt von der MotoGP-Werksmaschine Honda RC213V abstammen. Honda kündigt 217 PS an, die Leistung soll bei 14.500 U/min anliegen. Das maximale Drehmoment des Motors soll 113 Nm betragen. Das Power-Haus sitzt in einem ebenfalls neu entwickelten Aluminiumrahmen. Die Verkleidung hat - wie zurzeit alle neuen Superbikes - kleine integrierte Flügel zur besseren Spurstabilität.
Noch ein PS-Monster. Kawasaki stellt in Mailand die Z H2 vor - ein Naked Bike, das vor brachialer Optik und Kraft kaum rollen zu können scheint: Der 998 ccm große Reihenvierzylinder arbeitet mit Aufladung wie die anderen H2-Modelle von Kawasaki und leistet 200 PS bei 11.000 Touren. Das maximale Drehmoment liegt bei 137 Nm bei 8.500/min. Unter Kontrolle gehalten werden soll die Z H2 über eine Reihe elektronischer Fahrhilfen, die durch eine zentrale Bosch-Steuerungseinheit dirigiert werden: Traktionskontrolle, intelligentes ABS, Kurven-Management-Funktion, wählbare Fahrmodi sowie eine Anti-Wheelie-Kontrolle sind bei der Kawasaki Z H2 standardmäßig an Bord.
Honda hat zum Modelljahr 2020 den Bestseller Africa Twin CRF 1100 L runderneuert. Der Motor erfüllt jetzt mit einem leicht erhöhten Hubraum von 1084 ccm die Euro-5-Norm; die Leistung steigt bei einem maximalen Drehmoment von 105 Nm auf jetzt 102 PS. Das Elektronikpaket wurde aufgewertet, neu ist eine dreistufige Wheelie-Kontrolle und ein 6,5-Zoll-Farb-TFT-Touchdisplay. Komplett überarbeitet wurde auch der Stahlrohrrahmen mit dem angeschraubten Alu-Heckrahmen. Die neue Africa Twin - es gibt auch eine neue, aktualisierte Version Adventure Sports - wirkt durch ein schmaleres Heck noch sportlicher und modern.
Mehr Tradition geht quasi nicht - zum zehnjährigen Jubiläum des vor einer Dekade vorgestellten und längs eingebauten 90°-V2-Motors der dritten Generation präsentiert Moto Guzzi in Mailand eine Sonderausgabe der V7 III Racer mit spezieller Frontverkleidung und LED-Fahrlicht. Wer allerdings Racing Power sucht, ist hier falsch: Der "Small Block"-Motor mit 750 ccm produziert magere 52 PS und ein recht überschaubares Drehmoment von 60 Nm. Der Wert des Racers steckt im entspannten Fahrbetrieb, den liebevollen Details wie dem verchromten Tank, den eloxierten Seitendeckeln - und der perfekten Optik für Cafe-Racer- und Retro-Liebhaber.
Mit der Reise-Enduro Pan America geht Harley-Davidson ein hohes Risiko ein: Der amerikanische Hersteller verkauft zunehmend weniger Traditionsfahrzeuge und braucht neben der Elektroschiene zusätzliche Märkte mit jüngeren Käuferschichten. Ob die Pan America, die frühestens Ende 2020 verfügbar sein wird, die Hoffnung auf dem europäischen Markt erfüllt, kann man schon jetzt anzweifeln: Der neue, flüssigkeitsgekühlte Revolution Max Motor mit 1250 ccm leistet um die 145 PS, aber dem Fahrzeug fehlen die Allrounder-Fähigkeiten, die europäische Groß-Enduros wie die Ducati Multistrada oder die BMW R 1250 GS auszeichnen. Zudem: Die Pan America, deren Preis und vor allem Gewicht bisher nicht bekannt sind, ist nach einhelliger Meinung grottenhässlich.
Das brachiale KTM-Naked Bike, genannt "The Beast", wird in der 2020er Version noch biestiger: Der 1302-ccm-Motor bekommt sechs Pferdestärken mehr und leistet nun bei einem Trockengewicht von 189 Kilogramm beeindruckende 180 PS bei einem maximalen Drehmoment von 140 Nm. Die neue 1290 Super Duke R wird von einem umfangreichen Elektronikpaket u.a. mit mehrstufiger Traktionskontrolle, einem voll justierbaren Fahrwerk aus dem Hause WP und abschaltbarem Kurven-ABS mit Supermoto-Modus gebändigt.
Im vergangenen Jahr hat BMW Motorrad auf dem Concorso d'Eleganza am Comer See mit dem 1800-ccm-Boxerkonzept überrascht. Wohin der Weg der mit viel Aufmerksamkeit aufgenommenen klassisch eleganten Retrostudie führen kann, zeigen die Münchner auf der EICMA jetzt mit der Studie Concept R 18 /2: eine mögliche moderne "Ausprägung des Heritage-Konzepts", eine weitere Variation der "vielfältig individualisierbaren Grundarchitektur". "Das Concept R 18 /2 ist ein extrovertiertes Unikat, ein einnehmender Cruiser und ein starkes Statement: Ein hochemotionales Bike, das zum aktiven Fahren gemacht wurde", erklärt Edgar Heinrich, der Chef-Designer bei BMW Motorrad.
Wenig Neues am Mailänder Suzuki-Stand: Als einzig präsentationswürdiges Motorrad stellen die Japaner ein Update der in die Jahre gekommenen V-Strom 1000 vor - das Adventure Touring-Bike heißt jetzt V-Strom 1050. Obwohl der V-Zweizylindermotor weiterhin 1037 ccm Hubraum hat. Lediglich die PS-Zahl ist von 101 auf 108 PS gestiegen. Verändert und ergänzt wurden das Elektronikpaket, das Cockpit, die LED-Leuchten und der Windschutz. Der große Unterschied zur Vorläuferin: Die Optik der 1050 erinnert durch den spitzen Schnabel jetzt stark an das in den Achtziger- und Neunzigerjahren erfolgreiche DR-Big-Modell von Suzuki.
Ein Jahr nach dem ersten Entwurf SuperNex stellt der taiwanesische Hersteller Kymco den nächsten Entwicklungsschritt für ein Elektromotorrad vor: Die RevoNex ist bereits fahrbereit und wird getestet. Nach Angaben von Allen Ko, dem Chef von Kymco, liegt die potenzielle Beschleunigung für den Elektrosportler bei 3,9 Sekunden von null auf hundert; die Höchstgeschwindigkeit soll bei 205 km/h liegen. Die RevoNex soll mit einer Schnellladeeinheit und einem Sechsganggetriebe ausgestattet werden; genaue Angaben zu Batteriekapazität, Reichsweiten und Ladezeit werden in Mailand nicht gemacht. Nur bei der Markteinführung legt sich Allen Ko fest: Im Jahr 2021 soll das Kymco-E-Sportbike bei den Händlern sein.
Die Ducati Desert X, mit ganz viel Beachtung aufgenommen in Mailand, ist eine Scrambler-Studie und eine ganz tiefe Verbeugung vor der Historie der Marke aus Bolognas Stadtteil Borgo Panigale: Die Enduro im klassischen Lucky-Strike-Explorer-Look spiegelt die Cagiva Elefant 900 aus den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts wieder - eine erfolgreiche Rally-Dakar-Maschine mit Ducati-Motor. Die Studie in Mailand basiert auf der aktuellen 1100 Scrambler. Angesprochen auf eine mögliche Realisierung zeigt sich Ducati offen - es wäre nicht das erste Mal bei Ducati, dass potenzielle Line-up-Erweiterungen öffentlich "getestet" werden.
Mit der 390 Adventure bringt KTM in Mailand endlich den lang erwarteten Konkurrenten für die erfolgreiche BMW G 310 GS an den Start. Die kleine Abenteurerin reiht sich optisch nahtlos in die Adventure-Palette aus Mattighofen ein. Die technischen Daten der 390 lassen Spitzen-Performance erwarten: ein 373-ccm-Einzylinder, 44 PS bei 9000 Umdrehungen pro Minute und maximal 37 Newtonmeter Drehmoment - ein kleines Kraftpaket mit 172 Kilogramm bei vollem 14,5-Liter-Tank. WP-Federelemente mit langen Wegen lassen auch auf gute Offroad-Eigenschaften hoffen. Ein weiterer Pluspunkt: Die 390 ist A2-Führerschein-fähig und damit das potenzielle "Einsteiger-Bike" in den Adventure-Touring-Bereich.
Quelle: https://bit.ly/38iMEHm